Filippo Sorcinelli: Sakrale Kunst trifft moderne Parfümerie
Von Vatikan-Gewändern zu visionären Düften
Filippo Sorcinelli ist eine der faszinierendsten Renaissance-Figuren der Parfümerie, der sakrale Kunst nahtlos mit olfaktorischer Innovation verbindet. Geboren 1975 in Mondolfo, Italien, begann Sorcinellis Reise nicht in einem Parfümlabor, sondern in den ehrwürdigen Hallen von Kathedralen, wo er ab seinem 13. Lebensjahr als Organist tätig war. Dieses frühe Eintauchen in sakrale Musik und liturgische Atmosphäre prägte seine künstlerische Vision tiefgreifend und beeinflusste später seinen bahnbrechenden Ansatz zur Duftkreation.
Sein Weg zur Parfümerie war einzigartig unkonventionell. Im Jahr 2001 gründete Sorcinelli LAVS (Laboratorio Atelier Vesti Sacre), eine Werkstatt, die sich auf handgefertigte sakrale Gewänder für die Katholische Kirche spezialisierte. Seine außergewöhnliche Handwerkskunst erregte die Aufmerksamkeit des Vatikans und führte zu Aufträgen für päpstliche Gewänder, die sowohl von Papst Benedikt XVI. als auch von Papst Franziskus getragen wurden. Diese prestigeträchtige Arbeit erforderte von ihm die Kreation von Raumsprays, um die Gewänder vor der Auslieferung zu parfümieren - eine Praxis, aus der schließlich sein erster Duft,
LAVS, hervorging und 2013 die UNUM-Kollektion lancierte.
Sorcinellis künstlerische Ausbildung am Kunstinstitut von Fano und am Päpstlichen Institut für Sakrale Musik in Rom vermittelte ihm ein tiefes Verständnis für sakrale Kunst, historische Weberei und musikalische Komposition. Diese vielfältigen Einflüsse konvergieren in seinen Parfüms und schaffen Kompositionen, die traditionelle Duftgrenzen überschreiten und zu olfaktorischen Kunstinstallationen werden.
Liturgischer Weihrauch und konzeptionelle Meisterschaft
Die UNUM-Kollektion zeigt Sorcinellis Meisterschaft darin, abstrakte Konzepte in fesselnde Duftnarrative zu übersetzen. Sein charakteristischer Stil dreht sich um liturgischen Weihrauch, sakrale Hölzer und harzige Materialien, doch jede Kreation erzählt eine eigene Geschichte.
Io non ho mani che mi accarezzino il volto, inspiriert von Mario Giacomellis Fotografie junger Priester, fängt spirituelle Einsamkeit durch komplexe Schichten von Myrrhe, Zimt und Weihrauch ein.
Seine künstlerische Vision reicht über die traditionelle Parfümerie hinaus in herausfordernde Gebiete.
But Not Today, inspiriert von der Beziehung zwischen Hannibal Lecter und Clarice Starling, eröffnet mit metallischen, animalischen Akkorden, die sich zu anspruchsvollen Leder- und Blumenkompositionen entwickeln. Diese Bereitschaft, dunkle, unangenehme Themen zu erkunden und gleichzeitig olfaktorische Schönheit zu wahren, demonstriert Sorcinellis furchtlose Kreativität.
Das technische Können des Parfümeurs glänzt in Kompositionen wie
Opus 1144, das die Essenz gotischer Architektur durch pudrige Iris, Vanille und sakrale Hölzer einfängt. Jeder Duft in seinem Portfolio spiegelt seine Philosophie wider, dass Parfüm ein intellektuelles und künstlerisches Erlebnis sein sollte, nicht nur ein angenehmer Duft. Seine Arbeit fordert die Träger konsequent heraus, sich mit komplexen Emotionen und Konzepten auseinanderzusetzen, was ihn zu einem der nachdenklich stimmendsten Künstler der zeitgenössischen Parfümerie macht.