Nathalie Feisthauer
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Nathalie Feisthauer: Meisterin der Nischenparfümerie

Vom Elsass zur Unabhängigkeit: Die Reise einer Parfümeurin

Nathalie Feisthauers Weg zu einer der angesehensten unabhängigen Schöpferinnen der Parfümerie begann mit einem einzigen, prägenden Moment. Mit 16 Jahren entdeckte die Tochter eines Lehrers und einer Malerin aus dem Elsass-Lothringen Yves Saint Laurents Opium. Der Duft zerstörte ihre vorgefassten Meinungen, dass Parfüm nur für "versnobte Leute" sei, und entzündete eine Leidenschaft, die ihr Leben bestimmen sollte.
Ihr kühner Brief an Yves Saint Laurent führte zu einem Treffen mit Jean-Louis Sieuzac, dem Schöpfer von Opium, was ihre neu entdeckte Berufung bestätigte. 1983 brach Feisthauer mit der Industrietradition, indem sie als erste Studentin ohne familiäre Verbindungen zur Branche an der renommierten Parfümerieschule Roure Bertrand Dupont angenommen wurde. Dieser Pioniergeist sollte ihre gesamte Karriere prägen.
Nach ihrem Abschluss im Jahr 1984 verfeinerte Feisthauer ihr Handwerk unter den Mentoren Jean Guichard und Edouard Fléchier bei Roure in Paris. Ihr Wunsch nach internationaler Perspektive führte sie mit 25 Jahren nach New York, wo sie in die amerikanische Parfümeriekultur eintauchte. Diese Erfahrung erwies sich als entscheidend und half Givaudan, sein erstes Estée Lauder Projekt mit Aramis Havana zu sichern.
Nach erfolgreichen Jahrzehnten bei großen Häusern wie Givaudan und Symrise wagte Feisthauer 2014 einen kühnen Schritt. Sie gründete LAB Scent, ihr unabhängiges Studio in einer ehemaligen Kunstgalerie in Montmartre. Dieser Übergang spiegelte ihren Wunsch nach kreativer Freiheit und direkter Zusammenarbeit mit Markenschöpfern wider, weg von den Einschränkungen des unternehmensinternen Verbrauchertests.

Charakteristische Kreationen und künstlerische Philosophie

Feisthauers kreativer Ansatz konzentriert sich auf strukturierte Kontraste, die ausgewogen und tragbar bleiben. Sie entwickelt kurze, präzise Formeln, die ausgewählte Inhaltsstoffe scharf herausarbeiten, anstatt endlose Mikroeinstellungen vorzunehmen. Diese Philosophie zeigt sich in ihrem vielfältigen Portfolio, von der pudrigen Sinnlichkeit von Putain des Palaces für Etat Libre d'Orange bis zum gefeierten Eau des Merveilles für Hermès.
Ihre Vielseitigkeit erstreckt sich über mehrere olfaktorische Universen, wobei sie eine unverwechselbare Note beibehält. Bemerkenswerte Kreationen sind Must de Cartier Pour Homme, Versace Blonde und Amouage Honour Man. Jede zeigt ihre Fähigkeit, die Essenz einer Marke einzufangen, gleichzeitig aber unerwartete Ansätze vorschlägt, die eine tiefere künstlerische Vision widerspiegeln.
Seit ihrer Unabhängigkeit hat sich Feisthauer hauptsächlich auf die Nischenparfümerie konzentriert, die sie als "kompromisslose Entscheidungen eines Kreativdirektors" beschreibt. Dies ermöglicht es ihr, mit seltenen Materialien wie Cascarilla-Rinde, Champaca Absolue und Palo Santo zu arbeiten. Ihre Philosophie umfasst Inhaltsstoffe, die anfangs vielleicht herausfordernd riechen, und verwandelt sie durch gekonnte Komposition in Schönheit.
Anerkennung folgte ihrer künstlerischen Hingabe. Zu den Auszeichnungen gehören der FIFI Award als Parfümeurin des Jahres in Russland (2019) und mehrere Auszeichnungen für ihre Nischenkreationen. In Zusammenarbeit mit Kunden aus 35 Ländern, von Amerika bis Asien, verschiebt Feisthauer weiterhin kreative Grenzen, wobei sie an ihrer Überzeugung festhält, dass Parfums Emotionen beim Träger hervorrufen müssen. Ihr Motto "scents that make sense" bringt ihren Ansatz zur bedeutungsvollen Duftkreation perfekt auf den Punkt.

Parfums von Nathalie Feisthauer